"Besser gehts nicht – haben wir auch schon immer so gemacht"
Neues Kunststoff-Forschungsprojekt soll 50 Prozent Heizenergie sparen
„Haben wir immer schon so gemacht“ – ist sehr bequem: Man muss sich nicht an neue Abläufe gewöhnen, die Dinge stehen da, wo sie immer stehen (kein Suchen), der Bus fährt immer zur selben Zeit, pünktlich um 12 Uhr gibts Essen. Ist doch super!
Oder?
Dinge verändern sich mit der Zeit. Früher gingen viele Väter um 8 Uhr zur Arbeit und waren um 17 Uhr wieder zu Hause. Heute gehen auch die Mütter arbeiten und Arbeitszeiten haben sich verändert, sogar der Ort. Heute darf man einen Teil der Arbeitszeit sogar zu Hause im Home-Office arbeiten. Das entzerrt den Berufsverkehr und spart sogar Treibstoff, wenn man weniger Kilometer zur Arbeit fahren muss. Auch das hat sich verändert: Bodenschätze werden weniger. Vor 200 Jahren machte sich niemand Gedanken darüber, dass das Öl knapp werden könnte. Oder dass das Verbrennen von Öl einen negativen Einfluss auf unsere Atmosphäre haben könnte, geschweige denn auf das gesamte Weltklima. Heute wissen wir das, na ja, die meisten – manche zweifeln immer noch oder halten weltweite Verschwörungen für den Verursacher. Fakt ist jedoch: Verbrennen wir weniger fossile Brennstoffe, tut das dem Klima in Fall gut!
Das dachte sich auch die Firma Inmex in Sankt Augustin und machte sich Gedanken darüber, wie sie Energie in der Kunststoffproduktion sparen könne. Damit ein Rohr, Folien oder Fensterprofile aus Kunststoff entstehen können, müssen die einzelnen Bestandteile – die Zutaten sozusagen – zunächst aufgeschmolzen werden. Das kann man mit dem Kuchenbacken zu Hause vergleichen. In der Kunststoff-Industrie geschieht das nicht in einer Kuchenform, sondern in einem Extruder; so heißt die Maschine.
Forscher und Entwickler haben sich Gedanken gemacht, wie man dort Heizenergie sparen könnte und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass, wenn alles klappt, man die Hälfte der Heizenergie sparen könnte, die heute noch nötig ist.
Die Produktion von Kunststoffrohren ist nämlich etwas schwieriger als das Backen eines Kuchens. Hat man dort die Bestandteile richtig gemischt, den Backofen korrekt vorgeheizt, die exakte Backzeit eingehalten, muss die Backform nur noch abkühlen und fertig ist der leckere Kuchen. Bei der Herstellung von Kunststoffrohren muss man hingegen sehr oft die Bestandteile aufheizen, zwischendurch abkühlen, wieder aufheizen usw. Daraus lässt sich schließen, dass dieses Verfahren mehr Energie benötigt als ein einmaliges Aufheizen und Abkühlen. Die Inmex-Forscher sind allerdings überzeugt, wenn man ein zusätzliches Bauteil spiralförmig in das Innere eines Extruders einsetzt, kann das sehr viel wirkungsvoller sein als die bisherige Bauweise: „Beide sind über dreiviertel ihrer Oberfläche direkt mit dem Zylinder verbunden und können damit schneller Wärme oder Kühlung in den Zylinder bringen. Und weil beides in den Zylinder integriert ist, kann das Ganze von außen mit einer Wärmeisolation umgeben werden. So lassen sich weitere Energieverluste vermeiden“, beschreibt Inmex-Geschäftsführer Ifland das neue Prinzip.
Und weil Forschung viel Geld kostet, hat sich die Firma Inmex an das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW gewandt. Außerdem wurde ein Projektpartner gesucht, der zusätzliches Fachwissen und Maschinentechnik einbringen kann. Der wurde schnell in der Nachbarschaft gefunden: die Dr. Reinold Hagen Stiftung, ebenfalls in Sankt Agustin.
Dazu der Leiter Forschung und Entwicklung der Hagen Stiftung Prof. Dr. Olaf Bruch: „Das Projekt wird über die Laufzeit von einem Jahr im Rahmen des Sonderprogramms Umweltwirtschaft von der Landesregierung NRW gefördert. Ziel der beiden Projektpartner ist die Entwicklung eines neuartigen Temperiersystems für Kunststoffextruder, mit dem Energieverluste und Ausschuss verringert werden sollen.“
Wenn alles gut geht, so die Projektpartner, existiert am Ende der Projektlaufzeit ein funktionierender Prototyp, der den Stand der Technik infrage stellt. Dann sagen die Kunststoff-Experten vielleicht: „Haben wir schon immer so gemacht, konnte man aber noch besser machen.“
Beitragsbild: Arbeitsszene Blasformmaschine (Dr. Reinold Hagen Stiftung)